Ich glaube das passt bestens zum Thema:
Kosovo – was will denn da unabhängig werden?Putin ist dagegen, die Serben finden es „überhaupt nicht witzig" – und doch will das Kosovo nun seine Unabhängigkeit ausrufen. Aber: Was ist das eigentlich für ein Landstrich, der uns demnächst mindestens den Dritten Weltkrieg bescheren wird? In den nächsten Stunden will das Kosovo seine Unabhängigkeit ausrufen. Und zwar ganz laut und vor allem in Richtung Belgrad. Denn dort sitzen noch immer die Alteigentümer des Amselfeldes („Kosovo Polje“), jenes als unbespielbar geltenden, historischen Rasenplatzes, um den sich so viele der raffinierten serbischen Nationalgerüchte ranken. Wurde hier der Ansturm der shintoistischen Horden gegen das christliche Abendland gestoppt? Oder gar erfunden? Fand hier die legendäre Begegnung zwischen Pleksy-Gladz und dem syldavischen König Ottokar IV. statt, bei der dessen Szepter verloren ging? Liegt hier der Schatz Rackham des Roten versteckt? Der Arumbaya-Fetisch begraben? Der Hund im Pfeffer? Was immer an jenem sonnigen 15. Juni des Jahres 1389 dort passiert sein mag, es ist total wichtig und furchtbar ernst, sonst gäbe es ja nicht so viele traurige Lieder darüber.
Traditionell gilt das Kosovo als Rumpelkammer Serbiens und besonders gern wurden alte Popen dorthin entsorgt, wenn sie altersfleckig oder unorthodox geworden waren. Schon nach wenigen Jahrhunderten war das Kosovo mit staubigen Klöstern vollgestellt, in denen strenge, alte Männer ebenso rochen.
Kein FKK (schade)Kein Wunder, dass die meisten Serben bald lieber woanders wohnen wollten, z.B. in Serbien, und nur noch in den Ferien herkamen, bis es ihnen wegen der vielen kinderreichen albanischen Familien, die mittlerweile eingezogen waren, zu laut wurde. Das war aber nicht weiter schlimm, da mittlerweile Jugoslawien erfunden worden war und das hatte hübschere Urlaubsziele am Meer (mit FKK!) zu bieten als das Kosovo, das bald in Vergessenheit geriet.
Erst 1987 machte es ein junger, dicklicher Provinzkasper wieder bekannt, als er sich vor eine handvoll erstaunter Bauern aufs Amselfeld stellte und dort lautstark auf Eigenbedarf klagte. Aber weil Milosevic ein Freund von Peter Handke war, hat ihn zunächst niemand ernst genommen. Und als die internationale Staatengemeinschaft herausfand, dass er möglicherweise bewaffnet sein könnte, war es bereits zu spät, bzw. zu egal. Den Krieg im Kosovo hat dann die Nato knapp vor der albanischen UCK gewonnen und jetzt ist das Amselfeld ein Truppenübungsplatz der Nato, darf jedoch von der UCK mitbenutzt werden. Der Serbe aber hockt am Spielfeldrand und singt seine traurigen Lieder, die allesamt von zerbrochenen Schnauzbärten handeln.
Kosovo – Perle am Hindukusch EuropasDas schmucke UN-Protektorat, die „Perle am Hindukusch Europas“ (Eigenwerbung), will nun endlich den Schritt in die Selbstständigkeit wagen und seine Hauptausfuhrprodukte (Hütchen, Spiele) ab sofort in Eigenregie vermarkten. Denn seit das Kosovo, vormals eine unscheinbare graugesichtige Ostblock-Provinz unter serbischer Verwaltung, von der UN gemanaged wird, geht es wieder dermaßen bergauf. Aber hallöchen. Das Kosovo gilt neben dem Irak als aufstrebender Tiger unter den Besatzungsökonomien. Die Arbeitslosigkeit liegt nur noch bei 120 Prozent, einzelne Wachstumsbranchen (z.B. Schmuggel, Prostitution) wirken als Motor der Gesamtökonomie und sogar die allgegenwärtige Korruption vollzieht sich streng unter Aufsicht und Anleitung der UN-Organe.
„Seit die UN-Soldaten hier sind, haben unsere Frauen endlich wieder Arbeit“ sagt Oberst Sponsz aus Szohôd, wo das zweitgrößte Bordell des Kosovo liegt. Auch die Sicherheitslage hat sich dramatisch verbessert, seit alle, die am Wochenende besoffen in der Innenstadt von Prizren herumballern wollen, vorher einen blauen Helm aufziehen müssen.
Insgesamt kann die internationale Verwaltung des Kosovo als „gewaltiger Schuss in den Ofen“ gewertet werden, wie Joachim Rücker, Chef der Interims-Zivilregierung freudestrahlend mitteilt, „eine reine Erfolgsgeschichte, fast wie in Afghanistan.“ Auch der politischen Einheit des zerrissenen Landes kommt die UN-Mission zugute. Serben und Albaner teilen erstmals wieder etwas: den Hass auf die Besatzer. „Die Männer und Frauen der UNMIK rangieren in der Beliebtheitsskala sogar noch hinter Vlad, dem Pfähler“, freut sich Rücker ein Loch in den Bauch.
Kosovo – und so funktioniert der neue Staat
Politik: Die Sorgen um eine Vereinigung des Kosovo mit Albanien scheinen unbegründet, kaum einer will ein Großalbanien, 72 % der albanischen Kosovaren würden lieber der Schweiz beitreten („Da gibt es eh mehr Albaner.“) Als Vorbild für den neuen Kleinstaat Kosovo sollen die exklusiven Fürstentümer Monaco und Liechtenstein gelten, als realistischeres Vorbild jedoch gilt Berlin um 1970 unter gemeinsamer Führung von CSU und SED.
Staatswappen: Bei einer landesweiten Ausschreibung wurden über 3500 Vorschläge eingereicht, die meisten davon mit dem Blut der jeweiligen Feinde gemalt. Beliebtestes Motiv stellte die stilisierte Abbildung der jeweils anderen Volksgruppe dar, die mit einem durchgestrichenen roten Kreis versehen ist. Vier Vorschläge international renommierter Künstler sollen dem Parlament in Pristina nun vorgelegt werden: schwarzer Schnurrbart auf rotem Grund, schwarze Katze auf weißem Kater, weiße Schrift („bar tabac“) auf blauem Grund oder drei rote Hütchen mit weißer Kugel vor weißem Grund. Bis eine Übereinkunft gefunden ist, gilt das Emblem des „Duty Free“-Shops am Flughafen Pristina als Staatswappen.
Währung: Als Währung des Landes gilt Bargeld. Oder Goldzähne. Oder Zigaretten.
Unterhaltung: Kosovo will bereits beim nächsten „Eurovision Song Contest“ seinen Einstand als neue Supermacht in der Region geben. „Wir holen den Titel“, verspricht Sänger Fitë von der Formation „Fitë & the Kosovo Sucuk“, die mit ihrer „Fusel-Folk“ genannten Mischung aus Kirmestechno, traditioneller Hirtenmusik und saurem Aufstoßen nicht nur für Furore in ihrer Heimat, sondern auch für eine Anklage wegen Verbrechen gegen die Menschlichkeit in Den Haag gesorgt hatte.
.....