Autor Thema: Quo vadis FC Energie??????  (Gelesen 10849 mal)

Offline Schiller

  • Moderator
  • Freitrinker
  • ***
  • Beiträge: 636
  • Ach Du meine Nase!
Quo vadis FC Energie??????
« am: 25. November 2004, 18:12 »
Eine Epoche ging am Dienstag Knall auf Fall zu Ende. Und wie leider so vieles in Cottbus haftet auch dem Abgang von Ede Geyer der Hauch des Dilletantistischen, des Provinziellem an.

Da wird einem Mann, dem nicht nur Energie sondern die ganze Stadt Cottbus verdankte, daß als Ergebnis seiner 10-jährigen Tätigkeit in der Lausitz sowohl Verein als auch Kommune überhaupt für mehr als 16 Millionen Ex-DDR-Bürger ein Begriff wurde, drei Spiele vor der Winterpause der Stuhl vor die Tür gesetzt :shock:

Sicherlich hat die Branche Profifußball ihre eisernen Gesetze, die einzig und allein auf ERfolg ausgerichtet sind, aber die Erfolge der vergangenen Dekade sind untrennbar mit dem Namen Geyer verbunden.

Was war denn Energie Cotzbus im Frühsommer 1994?
Ein Retortenklub aus DDR-Zeiten, in denen nun mal nach Möglichkeit in jeder Bezirksstadt ein FC als regionales Leistungszentrum existierte, daß alle Talente der Umgebung zudelegiert bekam und dann gefälligst in der Oberliga als Aushängeschild der Region auflaufen sollte.

Leider hatte das mit Energie nie so richtig hingehauen, man war bis auf einige Ausnahmen ein Mauerblümchen in der zweiten Liga.
Da es sowieso nicht so richtig vorwärts ging, bediente sich halt häufiger der BFC Dynamo bei den gelegentlich vorhandenen Energietalenten.

Nach der Wende brachen hier Trägerbetriebe und alles, was die DDR-Sportförderung und -Organisation so ausmachte zum Mindest im bereich Fußball weg.
Und so fand sich der FCE in der Oberliga wieder, allerdings war dies nur noch 3. Liga.

In diesen Tagen der Agonie vollbrachten die Macher von Cottbus ihren bis heute wohl größten Coup.
Vom damals wegen Lizenzverstößen am 2. Liga-Aufstieg ausgeschlossenen FC (Chemie) Sachsen Leipzig wurde eine Lichtgestalt der DDR-Trainergilde an die Spree gelotst.
Und mit seinen "veralteten" Methoden und Ansichten, wonach Fußball in erster Linie ein Kampfspiel ist und sich Erfolg nur über den Kampf einstellt, führte Ede den Verein Stück für Stück nach oben.

Unvergessen die Pokalschlachten, die Energie bis ins Finale nach Berlin brachten, unvergessen die Relegationsspiele gegen Hannover 96 um den Aufstieg in die 2. BuLi.
Und dann der positive Supergau - Energie Cottbus spielt in der 1. Bundesliga.
Mal ehrlich, rückblickend war der Fall der Mauer wohl die kleinere Sensation!

Drei Jahre gab die Creme de la creme des deutschen Fußballs zu Gast die Visitenkarten im Stadion der Freundschaft, der "Hölle" der Lausitz ab. Und jedes Jahr hat sich so mancher gefragt: "Wieso sind die denn immer noch da?"

Was haben wir nicht gejubelt bei so mancher siegreichen Schlacht zu Hause, und was haben wir alle beim Bier auf die eklatante Auswärtsschwäche geschimpft und wußten alle, wie man es besser hätte machen können.

Dabei ist für so viele der "wahren Energiefans" (wo waren die denn zu DDR-Zeiten??) zur Normalität geworden. Als Kaiserslautern hier schon zum dritten mal auftrabte, glaubte man einen zweiten Betzenberg zu haben, was heißt hier Dino der Liga, wenn der HSV hier erfolgreich bekämpft wurde?
Keine wollte sich eingestehen, daß das alles ein geiler Fußballtraum war, der irgendwann zu Ende sein mußte.
Wurde der Aufstieg in Liga 1 am Anfang noch als Sicherung des Profifußballs für Cottbus um mindestens ein zusätzliches Jahr gesehen, war für alle seid dem Abstieg klar, daß Energie nur in die ertse Liga gehört.

Alle sind inzwischen brutal auf den Boden der tatsachen geholt worden. Und wie so manches mal in der Vergangenheit zeichnen sich die Leader des Vereins durch konzeptloses unüberlegtes Handeln aus.

Mit der derzeitigen Mannschaft muss die Klasse gehalten werden, wer daran zweifelt, kann gleich die Abrissbirne in den Eliaspark fahren.
Ansonsten hat man nun aber spätestens seid 4 Wochen Zeit, 7 - 8 Monate im Voraus einen Umbruch einzuleiten, diesen aber entsprechend zu planen.
Sicher hat Ede zum Schluß die Mannschaft nicht mehr erreicht bzw. die Mannschaft konnte oder wollte seine Vorgaben nicht mehr umsetzen, aber eine solche Kurzschlußreaktion  :x

Man hätte sich mit Ede zusammensetzen können, bis zur Winterpause einen neuen Trainer mit neuem Konzept suchen können, langfristig die Mannschaft für die kommende Saison zusammenstellen können und vor allem hätte man Eduard Geyer einen würdevollen Abschied bereiten können, der ihm ob seiner Verdienste zugestanden hätte.

Aber was will man von einem Präsie erwarten, der im Fersehen die alten Naziparolen von den Winthunden und dem Kruppstahl rauskramt und einem Manager, der seine Waschmaschine als (Vereins?)sparbüchse verwendet??

Danke Ede für 10 Jahre tollen Fußball im hintersten Provinzkaff!!

Auf wiedersehen Energie in der Regionalliga 2005/06 und der Oberliga in nicht all zu langer Zukunft  :twisted:
Zyniker sind Realisten, die sich trauen, die Wahrheit zu sagen.
Sir James Bacon (1798 - 1895)

Offline Schiller

  • Moderator
  • Freitrinker
  • ***
  • Beiträge: 636
  • Ach Du meine Nase!
Re: Quo vadis FC Energie??????
« Antwort #1 am: 10. Januar 2005, 18:25 »
Wenn man den Königsmord an Ede Geyer vom 22.11. vergangenen Jahres durch die Vereinsoberen noch als Kurzschlußreaktion auf den drohenden freien Fall in die Bedeutungslosigkeit des Semiprofitums in der Regionalliga ansehen konnte, um aufgebrachten und besorgten Fans und Sponsoren vorzugaukeln, daß Krein und Stabach das Heft des Handelns fest in der hand halten und die Geschicke des Vereins voll im Griff haben, so bleibt dem neutralen Beobachter ob der Entwicklungen der folgenden 6 Wochen verblüfft der Mund offen; den eingefleischten Fans der Lausitzer Multi-Kulti-Kult-Kicker dürften die Haare zu Berge stehen, wenn er sich selbige noch nicht vor Verzweiflung ausgerissen hat.

Was ist aus dem symphatischen Emporkömmling kurz hinter der polnischen Grenze geworden, der mit seinem charismatischen Feldwebel-Taktiker als Galionsfigur vor 10 Jahren zum Sturm durch die deutschen Fußballigen ansetzte.
Der mit vermeintlich seriöser Wirtschafterei jedes Jahr Dutzende low-budget-Spieler aus aller Herren Länder zum Konditionstraining durch den Eliaspark bat, Dutzende von ihnen wieder von dannen schickte und denoch unaufhaltbar einem Platz neben dem who is who der deutschen Kickerelite anstrebte und das Unmögliche mit mittelmäßigen Fußballarbeitern auch erreichte?

Was ist geworden aus der "Hölle des Ostens", der Festung Stadion der Freundschaft mit seinen chaotisch-symphatisch-provinziellen Fans, die ein zweiter Grund für deutschlandweite Symphatiewellen waren?

Vorbei, verweht, nie wieder.

Im Januar 2005 stehen die Macher des FC Energie Cottbus vor einem Scherbenhaufen, der Kopf des Cäsaren hat weder bei der Legionärstruppe neue Impulse freigesetzt noch neue Hoffnung und Begeisterung unter den Fans anfachen können.
Sponsoren und Geldgeber, die sich im Erfolg gerne feiern liesen, holen ebenfalls die große Keule heraus um alte Rechnungen zu begleichen, und fordern, sich an Dortmund und Karlsruhe Beispiele nehmend, eine Vereinspolitik nach ihrem Gutdünken.
Spieler verlassen das sinkende Schiff, von dessen Fahrt in eine goldene Zukunft sie trotz Abstiegsgefahr noch im alten Jahr felsenfest überzeugt waren.

Bleibt zu hoffen, daß durch die Abgänge wenigstens wirtschaftlich die Lichter noch einmal am Leuchten erhalten werden konnten und den verbleibenden Kickern wieder die vertraglich garantierten Gehälter überwiesen werden können. Die Mannschaft sollte noch immer stark genug sein, um die Klasse zu halten.
Wenn ich mir aber vorstelle, mir würde auf Monate hinaus 30% meines Gehalts vorenthalten - meine Arbeitsmoral und -motivation würden auch mit jedem Monat abnehmen.

Ich hoffe, daß es gelingt, eine handlungsfähige Vereinsführung mit Fußballsachverstand und wirtschaftlichem Durchblick aufzubauen und den sportlichen Gau abzuwenden.
Das kann allerdings nur funktionieren, wenn Verantwortliche, Geschäftspartner (Sponsoren) und Fans endlich begreifen, daß Energie eben nicht auf einer Stufe mit Bayern, Gladbach oder oder oder steht und wohl auch nie eine solche Stellung einnehmen wird (außer Herr Abramowitsch hat einen Bruder, der ein paar Dollar partut in der Lausitzer Tagebaulandschaft anlegen will ;D).

Ich wünsche den Cottbusern, daß sie nicht wieder zu dem werden, was sie eigentlich immer nur waren, ein unbedeutender Provinsklub irgendwo kurz hinter der polnischen Grenze.
« Letzte Änderung: 13. Januar 2005, 17:50 von Schiller »
Zyniker sind Realisten, die sich trauen, die Wahrheit zu sagen.
Sir James Bacon (1798 - 1895)

Offline Schiller

  • Moderator
  • Freitrinker
  • ***
  • Beiträge: 636
  • Ach Du meine Nase!
Re: Quo vadis FC Energie??????
« Antwort #2 am: 23. Mai 2005, 18:24 »
Alter Falter, da ich sitze gestern nichtsahnend in diversen Überlandzügen und in Cottbus ist Herzkollaps-Alarmstufe  :o :o

Da kann ich nur sagen: "Noch mal mit 'nem blauen Auge davon gekommen!" Obwohl eine grün und blau schimmernde Boxergrimasse eher die Situation beschreibt.

Also jetzt erst mal gaaanz kräftig durchatmen - der Supergau fand nicht statt. Aber wenn man Bilanz zieht nach dieser Katastrophensaison bleibt nicht viel, was auf bessere Zeiten hoffen läßt.

Ich kann nur hoffen, daß im und um den Verein Ruhe, Professionalität und Seriosizität einkehrt.
Die spielerischen Offenbarungseide, die durch die balltretende Belegschaft in Serie hingelegt wurden sind eigentlich nicht mehr zu toppen.
Jetzt dürfte auch den letzten Fantasten klar sein, daß das Wunder der Lausitz mit drei Jahren 1. Liga kein Selbstläufer ist. Dem Irrglauben sind schon andere aufgesessen.
Wenn sich also Spieler, Verantwortliche und Fans wieder auf das besinnen, was Cottbus einst bis ins Pokalfinale und zu Gastspielen auf Schalke oder im Olympiastadion führte, ehrlicher Fußball mit 120% Einsatz und Maßhalten in Ansprüchen und Auftreten bei aboluter Begeisterung und Herzblut, dann sollte es im nächsten Jahr zu einem Tabellenplatz ohne Herzrasen reichen.

Und bitte, bitte nicht in der ersten DFB-Pokal Hauptrunde Chemie Leipzig - Energie Cottbus.

Bis bald in der Busbude
Zyniker sind Realisten, die sich trauen, die Wahrheit zu sagen.
Sir James Bacon (1798 - 1895)